Wenn Zeitungen über Homeschooling schreiben

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Wenn Zeitungen über Homeschooling berichten, wird Homeschooling meist in zwei Schubladen aufgeteilt. Die eine ist für unterrichtende (christliche) Eltern und die andere für Freilerner. Was dabei nicht beachtet wird und ein Blick, der weiter geht, als das Klischee.

Die Stuttgarter-Zeitung bringt unter dem Titel Die Freilerner-Bewegung – Immer schulfrei einen schönen, freundlichen Artikel über Familien, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken. Die Eltern kommen zu Wort, die Vorteile des Freilernens werden geäussert, die Fähigkeiten und Begabungen der Kinder präsentiert.

Nur an einer Stelle, schimmern – fast unmerklich – die Stereotypen durch, nämlich da wo es heisst:

Doch nur sehr wenige Eltern, so Karen Kerns Einschätzung, schicken ihre Kinder aus religiösen oder ideologischen Gründen nicht zur Schule. „Die Mehrheit sind ganz normale Leute, die mit ihren Kindern partnerschaftlich umgehen (…)“

Dabei kommt mir in den Sinn:

    • es gibt auch Eltern, die ihre Kinder wegen der Religion nicht zur Schule schicken – sie wollen ihre Kinder nicht den Einflüssen des Religionsunterrichts an der Schule aussetzen (ja, ich bin solchen schon begegnet). Weshalb wird das nie extra betont?
    • Was heisst normal? Sind gläubige Menschen etwa abnormal? Ist es nicht sowieso ungewöhnlich, seine Kinder nicht zur Schule zu schicken?
    • Es gibt Eltern, die zwar religiös sind, aber ihre Religiosität ist nicht der Grund oder der Auslöser, weshalb sie ihr Kind nicht zur Schule schicken.
    • Selbst wenn Eltern entschlossen haben, ihr Kind aus religiösen Gründen (was auch immer das heisst) nicht zur Schule zu schicken – was spricht eigentlich dagegen? Hat nicht jeder irgendeinen Grund, weshalb er diesen Schritt wagt? Welcher Grund ist gewichtiger als andere? Was ist mit der Religionsfreiheit?
    • Dann gibt es wiederum christliche Familien, die sich zu den Unschoolern oder Freilernern zählen, also auch nicht dem Klischee entsprechen.
    • Wie ich schon im Beitrag ORF: Nie mehr Schule geschrieben habe, praktizieren viele Familien gemischtes Homeschooling. Sie gehören weder in die eine noch in die andere Schublade, weil sie sowohl unterrichten als auch freies Lernen praktizieren.

Es würde mich freuen, einmal einen Artikel über Homeschooling zu lesen, in dem keine Stereotypen mitschwingen. Dies gilt übrigens auch für den Artikel Lernen in der guten Stube, erschienen am 9.10.2015 in Die Welt.

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