Comics

Sind Comics gut oder schlecht?

Es ist nachts. Die Hälfte der Familie schläft. Ein paar Nachteulen liegen im Bett, in den Händen ein dünnes Buch – grosse Auflage, bunter Cover. In diesen Sommerferien haben wir eine Comic-Phase. Wir leihen Comics aus der Bibliothek aus. Darunter sind die Abenteuer von Tim und Struppi sowie Asterix und Obelix. Für unseren Jungen ist das eine Einladung zum lesen – Jungen sollen ja im Vergleich zum anderen Geschlecht bequeme Leser sein … Jetzt stelle ich fest, dass er an einem Tag mehrere Comics liest, obwohl es sonst einiges braucht, bis er sich überwindet ein Buch in die Hand zu nehmen (es sei denn, es handelt sich um ein Sachbuch). Aber auch unsere Achtjährige erfährt einen Schub im Lesen, nachdem sie etwa mit siebeneinhalb gelernt hat, fliessend zu lesen.

Als Kind bin ich in einem Milieu aufgewachsen, in dem Comics verschmäht und gleichzeitig begehrt waren. Wir hatten zuhause kaum Comics aber ich kam trotzdem nicht zu kurz und lieh mir Donald Duck Bücher von den Nachbarskindern aus oder Asterix und Obelix und Ähnliches aus der Bibliothek. Diese Comics hinderten mich aber nicht daran, allerlei bilderfreie Bücher zu lesen.

Comics bieten leichte Unterhaltung für zwischendurch. Sie sind angenehm zu lesen, wegen den vielen Bildern, der Sprechblasen und auch, weil sie mit Humor gespickt sind. Mit der Lektüre von Comics ist es ähnlich wie wenn man einen Film schaut: Vom Alltag abschalten und dabei das Gehirn kaum anstrengen.

Bei uns Jugendlichen, die mit Comics vertraut waren, färbte sich das auf die Sprache ab. Wir haben uns dann typischer Comic-Ausdrücke wie Ächz! Grunz! bedient oder noch weiter entwickelt und Ausdrücke wie Staun?! Bewunder! Nicht-mehr-drauskomm …?! etc. angewendet. Jetzt, 30 Jahre später, und dank Google, weiss ich, dass es sich hierbei um Onomatopoesie handelt.

In den Comics kommt, zugegeben, auch Vulgäres vor, und auch die Anwendung von Gewalt ist nicht gerade vorbildlich. Aber ist ein Kind wegen Asterix und Obelix je gewaltig geworden? Ich glaube eher, dass das Kind während dem Lesen in ihm angestaute Aggressionen ableitet, resp. verarbeitet. Aggressionen im Comic dienen ihm sozusagen als Blitzableiter. Nach dem Motto: “Obelix schlägt gerade eine Horde Römer zusammen, dafür haue ich niemanden oder schreie auf niemanden …” So ähnlich soll es jedenfalls bei den Märchen funktionieren, wo z.T. recht Brutales vorkommt.

Heute geniessen Comics mehr Anerkennung. Vielleicht auch deswegen, weil man darauf gekommen ist, dass sie Kindern den Einstieg ins Lesen erleichtern. (Und heute ist man ja froh, wenn überhaupt noch gelesen wird!) Denn wer mit Comics anfängt, landet womöglich – wer weiss – eines Tages bei Chesterton oder Tolstoi (bitte beliebig mit anderen Autoren ersetzten). Auch ist nicht zu unterschätzen, wie viel man bei Asterix und Obelix über die Römer lernt oder bei Tim und Struppi über andere Länder und Kulturen.

Kann es aber auch zu viel des Guten – oder eher: des Blödeln – sein? Wo soll man die Grenze ziehen? Wahrscheinlich ist es so, wie mit den meisten Dingen: Alles was übertrieben ist, hat eine nachteilige Wirkung.  Ausserdem gibt es auch “gesündere” Comics als Alternative. Wir haben einige davon zuhause: Comics über das Leben von Heiligen, ein Comic über Medjugorje sowie eine Comic-Bibel.

Wenn eine Comic-Phase dafür sorgt, dass die Stimmung aufgeheitert, Langweile vertrieben, das Lesen motiviert wird, daheim Ruhe und Friede herrscht, weil einige Köpfe in der Lektüre versenkt sind, ja, dann kann man getrost zurücklehnen und mit Julius Cäsar (Asterix und Obelix) sagen: Veni, vidi, vici.

Comments

  1. Liebe Marianne, vielen Dank für den Tipp! Das werde ich mir gerne merken – auch um die Deutsche Sprache (z.B. bei unserem 11-Jährigen) “am Leben zu erhalten”, da wir ja jetzt in England leben. Dazu könnten solche Comics praktisch sein!

  2. #hübsche Comics: Schaut doch mal die Prinz Eisenherz Comics an. Die Bilder sind umwerfend schön!! Es gibt keine Sprechblasen sondern Text unter dem jeweiligen Bild (mit Anführungszeichen!). Sprachlich wie ästhetisch sind die Prinz Eisenherz Comics in meinen Augen absolut unschlagbar 🙂 Daheim war es bei uns auch immer verpönt von den Eltern, Comics zu lesen, (heimlich haben wir Kinder sie aber alle verschlungen.) Nur bei Prinz Eisenherz hat unser Vater ein gutes Auge zudrücken können, weil der sprachlich gute Text und die wunderschönen Zeichnungen dafür sprachen. Lesealter würde ich aber eher ab 10 frühestens ansetzen. Als Erwachsener ist es auch noch immer sehr schön, sie zu lesen 🙂

  3. Von Abrafaxe habe ich bisher noch nie gehört … Hab’s ein bisschen gegoogelt – vielleicht wäre das auch mal was für uns. Danke für den Tipp!

  4. Comic ist nicht gleich Comic. In der DDR gab es nur die Digedags und dann abgelöst durch die Abrafaxe. Beide waren und sind sehr lehrreich und gut gezeichnet. Aber sie waren immer Mangelware und kaum zu bekommen. Auch das Leseralter liegt höher ab etwa 9 Jahren. Laut Wikipedia sind die Abrafaxe die längsten Fortsetzungscomics der Welt.
    Asterix ist natürlich bei Kindern unschlagbar. Kinder können schon sehr früh zwischen schlagen und sich raufen unterscheiden. Ich sehe da keine Probleme betreffs Obelix und den Römern, da es eher ein Hobby ist, sich mit den Römern zu schlagen. Mein Großer liebt Asterix, auch wenn er noch nicht lesen kann. Er freut sich immer daran, wie dumm die Römer und Obelix sind. Jedenfalls erzählt er mir, dass er in der Schule jeden Tag Streitigkeiten zwischen Jungs schlichten muss. Aber Obelix hat er dabei noch nie gespielt…

  5. Ich glaube, das war der Hauptgrund, warum wir auch zu Hause keine Comics hatten. Mein Onkel hatte Asterix, aber ich habe mich nie dafür interessiert.

  6. Liebe Eva, ja, da hast du Recht! Vor allem bei Asterix und Obelix sehen die Leute bei näherem Betrachten nicht so hübsch aus … alles ist übertrieben, resp. karikiert.

  7. Ich durfte nie Comics lesen und habe auch nicht das Bedürfnis gehabt. Ich fand die Bilder immer zu häßlich und mochte die kurzen Sprechblasen nicht. Meine Kinder haben auch keine Comics. Sie haben sich auch nie dafür interessiert. Mein Mann hat sie allerdings verschlungen und hat eine große Sammlung an amerikanischen Comics. Es hat einer Sprachentwicklung nie geschadet, doch liest er sie jetzt nicht mehr. Ich glaube wirklich, daß mein größtest Problem die Ästhetik bei Comics ist. Ich habe noch nie hübsche Comics gesehen.

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