Ausserhalb der Schule keine Sozialisierung?
Die wohl häufigste Kritik von Aussenstehenden lautet: „Heimgeschulte Kinder haben nicht genug Sozialisierung.“ Würden die Kritiker hingegen diese Frage so stellen: „Wo lernen Homeschooler andere Kinder kennen?“, bekämen sie unendlich viele Antworten.
Kritiker glauben, dass es ausserhalb der Schule keine Sozialisierung gibt. Es soll sich jeder mal die Frage stellen: „Mit was für Leuten bin ich befreundet?“ Die meisten werden wohl antworten, dass ihr naher Freundeskreis aus Leuten besteht, die sie nicht von der Schule, ja vielleicht nicht einmal vom Arbeitsplatz her kennen.
Es gibt 1001 Möglichkeiten Menschen ausserhalb der Schule kennenzulernen. Natürlich, es braucht ein bisschen Einsatz, man muss sich mehr Mühe geben, als wenn man die Kinder zur Schule schickt. Kinder, die regelmässig zur Schule gehen, haben stets zwanzig Kinder um sie herum, mit denen sie mehr oder weniger gerne zusammen sind. Schulkind-Eltern müssen sich nicht um Kontakte mit Gleichaltrigen bemühen.
Befindet sich die Welt innerhalb des Klassenzimmers?
Am meisten ärgert es mich, wenn jemand behauptet, dass Eltern ihre Kinder von der Welt fernhalten, weil sie sie nicht zur Schule schicken. Als wäre die Welt nur innerhalb der vier Wände eines Klassenzimmers! Als würde die Welt aus zwanzig gleichaltrigen Mitschülern bestehen! Das Umgekehrte ist der Fall: Gesetzt den Fall, dass Eltern ihre Kinder nicht daheim einsperren – und ich kenne keine solche Eltern – dann sind schulfreie Kinder diejenigen, denen die Welt zu Füssen liegt. Denn ein Kind ohne Schule, lernt alles ausserhalb der Schulwände, in der richtigen Welt. Am deutlichsten kommt das bei Worldschoolern zum Ausdruck (siehe Beispiele im Handbuch für Homeschooling).
„Aber in der Schule ist es doch wichtig, dass die Kinder mit anderen Weltsichten konfrontiert werden“, höre ich die Kritiker schreien. Als würde es in der realen Welt keine Andersdenkende geben. Es gibt sie immer und überall. Man muss sich nicht extra darum kümmern. Es beginnt in der eigenen Familie. Da ist man auch nicht immer gleicher Meinung und muss doch miteinander auskommen oder gemeinsame Wege finden. Und wenn wir schon bei der Familie gelandet sind, dann wiederhole ich, was ich letztes Jahr an meinem Vortrag in Lyss betont habe:
Die erste und wichtigste Sozialisierung findet in der Familie statt
Die Familie ist der Kern der Gesellschaft – sie muss gesund sein, um eine gesunde Gesellschaft zu bilden. Also, es stimmt, dass Homeschooler ihre regelmässigen Kontakte aktiver suchen müssen, als Schulgänger (zumindest anfänglich). Homeschool-Eltern bemühen sich aber meist sehr darum. An den Homeschooltreffen, bei denen wir teilgenommen haben, waren die Leute stets gemischt – Familien aus allerlei kulturellen Hintergründen und mit allerlei Weltanschauungen. Wirklich.
Regelmässige Aktivitäten innerhalb und ausserhalb der Homeschool-Bewegung
Hier in England gehören wir zur lokalen Homeschool Community. Im Moment besuchen unsere Kinder wöchentliche Turnstunden für Homeschooler und treffen andere Homeschool-Familien im Park. Theoretisch könnten wir aber täglich an einem Home-Education-Treffen teilnehmen, wenn wir wollten. Der Nachteil, im Vergleich zur Schule, besteht darin, dass die Aktivitäten oft etwas kosten (wenn auch nicht viel) und man so viel herumfahren muss, es sei denn, man wohnt in der Stadt. In der Schule findet hingegen das meiste am selben Ort statt und kostet nichts. Aber es gibt nebst Homeschool-Treffen viele sonstige regelmässige Aktivitäten, denen sich Kinder widmen können:
Unsere Kinder besuchen einen Jugend-Chor, nehmen an der Erstkommunion-Vorbereitung teil, sind bei den Air-Cadetts und Pfadfindern dabei oder besuchen die Geschichtenstunden in der öffentlichen Bibliothek. Hinzu kommen Kurse, die einige Tage dauern, sowie Lager oder Ausflüge und soziale Events für einen Tag, die von den oben genannten Gruppierungen organisiert werden.