Wie wir unser neues Zuhause gefunden haben

Our Lady of Walsingham. Bild: walsingham.co.uk

Das kleine Wunder von Walsingham

Beit Beracah
Das hölzerne Schild trägt den Namen unseres neuen Zuhauses auf Hebräisch.

In einem Beitrag über Caravanschooling, habe ich angekündigt, dass wir ein kleines Wunder erlebt hatten. Ich möchte nun darüber erzählen.

Wir hatten seit Monaten vergeblich nach einem Haus in England gesucht. Als wir noch in  der Schweiz wohnten, durchstreifte ich die Inserate verschiedener Immobilienwebseiten. Meine Mutter, die in England wohnt, besichtigte vier Tage lang Häuser in der betreffenden Gegend. Sie musste sich dafür in ein Bed&Breakfast einmieten, da die Gegend vier Autostunden von ihrem Zuhause entfernt liegt. Sie liess auch Inserate in Zeitungen drucken. Alles vergebens. Keiner wollte uns ein Haus vermieten. Meistens hiess es, das Haus sei zu klein für die Anzahl Kinder.

Das war auch der Fall, als wir selbst nach England gereist waren und zwei Wochen lang weiter suchten. Ein Wunder, wenn wir ein Haus überhaupt besichtigen durften. Meistens erhielt ich schon am Telefon eine Absage. Zuerst richteten wir unsere Suche nach Häusern mit drei Schlafzimmern, dann mit vier und zuletzt mit fünf Schlafzimmern. Dementsprechend stiegen auch die Mietzinsen.

Wir waren noch immer ohne Aussicht auf ein Zuhause, als wir uns vornahmen, einen Ausflug nach Cromer am Meer zu machen, weil es so heiss war. Auf dem Weg dorthin liegt Walsingham*, ein Pilgerort, den wir seit Jahren vage kannten, aber an dem wir noch nie gewesen waren.

Weil wir erst abends am Meer ankamen, nahmen wir uns vor, Walsingham am nächsten Tag, dem 20. Juli 2016, zu besuchen. Im Auto beteten Jan und ich den Rosenkranz und einige weitere Gebete, die ich in einer Pilgerbroschüre fand, die wir von einer Kirche mitgenommen hatten. Wenige Tage davor hatte offenbar ein Jubiläumsgottesdienst in Walsingham stattgefunden und von der organisierten Wallfahrt waren einige Büchlein übriggeblieben.

Morgens um 10 Uhr parkten wir am Dorfrand und spazierten von dort zu den Heiligtümmern Walsinghams. Zuerst lag auf unserem Weg die orthodoxe Kapelle. Dann spazierten wir ins Dorf und hätten gerne den Ort, wo ursprünglich das Nazarethhaus stand, besichtigt.

Heute ist nur noch eine Ruine der einst grossen Klosterkirche, die um das Nazarethhaus gebaut war, erhalten. Der Eintrittspreis war unerwartet hoch, also beliessen wir es dabei, durch das Gitter zu schauen und aus der Distanz, den ursprünglichen Ort des Nazarthauses zu betrachten.

Es gibt auch noch weitere Orte der Besinnung in Walsingham. Eine wichtige Bedeutung in der Geschichte der Pilger hat die Slipperchapel – eine Kapelle am Wegrand, von wo früher Pilger die letzte Etappe zum Nazarethhaus begingen.

Der Weg vom Dorf bis zum Slipperchappel ist rund zwei Meilen. Wir gingen zuerst einer Autostrasse entlang, ohne Gehsteig. Es war warm und wir waren angespannt wegen den Autos, die nahe an uns vorbeisausten. Dann bog es ab in eine kleinere, ruhigere Strasse. Auf einem Wegschild stand »Holy Way«. Die letzte Meile ging also einem heiligen Weg entlang, wo schon vor hunderten von Jahren Menschen pilgerten. Unsere Kinder waren erschöpft. Wir hielten immer wieder an oder trugen das eine oder andere Kind im Arm oder auf den Schultern.

Dieser »Holy Way« wurde für uns zu einem spürbaren Pilgerweg. Wir waren müde und schwer, mussten einander ermutigen weiterzugehen. Tranken Wasser, assen Brot und Gurke (mehr hatten wir nicht dabei). Wir fragten uns: wie weit noch? Und beteten und sangen ein wenig …

Da tauchte die Kapelle auf und wir atmeten erleichtert auf: wir waren angekommen!

Wir traten ein und sahen ein lebensgrosses Kreuz mit Jesus, unübersehbar auf Augenhöhe, gleich beim Eingang.

Die Kapelle erinnerte stark an das Mittelalter, ein schmaler Gang mit vergitterten Fenstern führte zum Hauptteil der Kapelle in der die bekannte Muttergottesstatue steht. Es ist ein farbenfrohes Abbild mit Maria, die das Jesuskind auf dem Schoss trägt.

Jan und ich beteten jeder leise für sich, zu Gott und um die Fürsprache der Muttergottes, dass wir möglichst bald ein Zuhause für unsere Familie finden würden. Es war ein dringendes Anliegen!

Nach dem kurzen Aufenthalt in der Kapelle setzten wir uns draussen auf den Bänken im Schatten der Bäume, auf dem Platz zwischen Slipperchapel und Pilgerkirche. Wir assen ein wenig und ruhten uns aus.

Gate, Gartentor
Eingang zum Garten. Auf dem Gartentor steht auf einem Schild geschrieben …

Während wir uns dort aufhielten, sagte mir Jan, dass jemand uns soeben versucht habe anzurufen. Er sah es unter den »verpassten Anrufen« auf unserem Mobiltelefon. Der Ton war abgestellt; zurückrufen konnte ich auch nicht. In ganz Walsingham und ebenfalls auf dem Parkplatz gab es seltsamerweise keine Verbindung.

Der Anruf traf um 13.20 Uhr nach dem Gebet in der Kapelle ein. Aber mir war vorerst nicht bewusst, dass dieser Anruf eine grosse Bedeutung für uns hatte. Ich kümmerte mich erst am nächsten Tag um den Anruf.

Ich hatte nicht unbedingt erwartet, dass jemand mit einem geeigneten Haus auf uns wartet und dachte: vielleicht ist das wieder so ein Anruf einer Agentur aus London, die mir etwas anbietet, was für uns nicht in Frage kommt (wegen einem Missverständnis erhielt ich in den letzten Tagen einige solche Anrufe).

Als ich zurückrief, sagte mir dann eine Frauenstimme am Telefon: »Wir haben ein Haus mit fünf Schlafzimmern zu vermieten. Haben Sie Interesse daran?« Ich fragte, ob es in der Nähe von Letchworth sei, sie antwortete: »Oh, nein«. Dann sagte ich entmutigt ab.

Kaum hatte ich aufgelegt, fragte ich mich, ob der Ort wirklich nicht in Frage käme. So leicht hatte ich »unser« Haus abgesagt! Jan und ich schauten auf der Karte und er beteuerte, dass das betreffende Dorf auf der Strecke sei, die für uns in Frage kommt. Also rief ich nochmals an und erhielt einen Besichtigungstermin.

Jan brachte uns zur kleinen Ortschaft, wo der Besichtigungstermin, von jenem Anruf, der gleich nach dem Gebet im Slipperchapel eintraf, stattfand, und ich ging alleine, um das Haus zu besichtigen (Jan suchte mit den Kindern einen Spielplatz auf). Zuerst wartete ich einige Minuten vor der leicht geöffneten Türe. Ich sah keine Türglocke, nur ein jüdisches Zeichen neben der Türe, über das ich mich ein wenig wunderte.

An der Hausmauer hing ein hölzernes Schild mit dem Namen des Hauses, dessen Bedeutung ich erst später erfuhr.

Dann kam die Agentin und zugleich auch die Bewohnerin, die ihre Kleider voller dunkle Farbspuren hatte. Sie begrüsste uns fröhlich und sagte, dass sie gerade mit Malen beschäftigt sei. Zwei grosse, Hunde, weiss und schwarz, musterten uns an der Türe. Die Bewohnerin fragte mehrmals, ob ich mich nicht wegen den Hunden fürchte. Und dann die angenehme Frage der beiden Frauen: »Wo sind die Kinder?« »Oh, schade, dass sie nicht dabei sind. Der Mann und die Kinder sollen doch auch kommen!«

Über eines der Türen im Haus entdeckte ich ein Schildchen mit hölzernen Teilchen, die das Wort »Jesus« ergaben. Es kam wir vor, wie ein Augenzwinkern Gottes. Das Haus erwies sich für unsere Familie als sehr geeignet. Es ist geräumig und ist von einem Garten umgeben, der genug Platz zum Spielen bietet. Die Familie die darin wohnte – das erfuhr ich erst im Laufe der Besichtigung – sind zugleich die Hauseigentümer.

Zur Familie gehören ein zwanzigjähriger Sohn und ein behindertes sechzehnjähriges Mädchen. Sie waren so höflich, hilfsbereit und gastfreundlich, wie man sich die eigenen Kinder wünscht.

Mein Volk wird an einer Stätte des Friedens wohnen, in sicheren Wohnungen, an stillen und ruhigen Plätzen.
… “Mein Volk wird an einer Stätte des Friedens wohnen, in sicheren Wohnungen, an stillen und ruhigen Plätzen.” Jesaja 32,18

Ich war sehr zufrieden mit dem Haus und sagte entschlossen zu. Alle waren wohl heimlich erleichtert. Ich, weil wir endlich Aussicht auf ein Zuhause hatten, die Agentin, weil sie erfolgreich vermitteln konnte und die Besitzerin, weil die Suche nach einem Mieter zu Ende war. Am gleichen Tag erhielten wir die Nachricht, dass wir die Nachmieter sein dürfen.

Wenige Tage später – die Familie lud uns zum Abendessen ein – erfuhren wir, dass sie an demselben Mittwoch, an dem meine Familie nach Walsingham gepilgert war, um neue Mieter gebeten hatten. Sie hatten vor, in die USA auszuwandern. Der aus Schweden stammende Vater ist Pilot und hat dort eine neue Stelle erhalten.

Der Vater der Eigentümerin stammt, wie mein Vater ebenfalls, aus Guyana. Dazu muss ich sagen, dass ich in meinem ganzen Leben, so weit ich mich erinnere, niemandem aus Guyana begegnet bin. Und wenn das nicht genügt: ihre beiden Kinder wurden die ganze Schulzeit hindurch zu Hause unterrichtet! Überflüssig zu erwähnen, dass ich darüber erfreut war. Das war die erste Homeschool-Familie, die wir in England angetroffen hatten.

Die Familie hinterliess uns nicht nur Möbel, die wir nutzen dürfen, sondern auch Spielsachen, Bücher und Lernmaterialien. Das kam uns sehr gelegen, denn wir waren nur mit dem Allernötigsten nach England ausgewandert.

Alles nur Zufall? Für mich sind es deutliche Zeichen des Himmels und eine wunderbare Gebetserhöhung.

Und das bedeutet der hebräische Name des Hauses, der auf dem hölzernen Schild geschrieben steht: »Gesegnetes Haus«!

*Read about my pilgrimage on foot to Walsingham in summer 2019: From Home to Walsingham

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Comments

  1. Das ist schön! Ich habe kurz vorbei geschaut, bei deiner Bloggerfreundin. Sie hat ähnliche Fotos gemacht, wie ich (gleiche Motive). Bin nur nicht dazu gekommen, sie zu veröffentlichen.

  2. Oh Bernice, Du wirst es nicht glauben, aber eine Blogfreundin von mir hat in den letzten Tagen diese Pilgerstädte besucht und auf ihrem Blog davon geschrieben. Hier ist einer ihrer Blogeinträge dazu. Was für eine schöne Gebetserhörung hast Du da erfahren! Hoffentlich fühlt Ihr Euch jetzt schon ganz wohl im neuen Heim.

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