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Christopher Paolini: Meine Erfahrung mit Homeschooling

Christopher Paolini als Kind
Christopher Paolini als Kind, © paolini.net

Anmerkung: Dieser Essay wurde von Christopher Paolini vor 2004 geschrieben und am 29. Mai, 2015 auf der Familien-Webseite paolini.net veröffentlicht.

Übersetzung: Bernice Zieba, mit freundlicher Genehmigung des Autors. Der ursprüngliche Text wurde auf Englisch geschrieben. © Christopher Paolini, paolini.net

Homeschooling war für mich eine wunderbare und lohnende Erfahrung. Es gab mir die Freiheit, Fächer in meinen Interessen zu erforschen, seien dies Dinosaurier, isländische Sagen oder ägyptische Pyramiden. Und es erlaubte mir in meinem Tempo zu arbeiten und früh einen Abschluss zu machen. So hatte ich einige Jahre frei zur Verfügung, um zu schreiben, bevor ich mich für ein College entscheiden musste.

Unsere Familie ist einander sehr nahe. Da meine Schwester kaum zwei Jahre jünger als ich ist, machten wir viel Kunst, Wissenschaft und “Make-Believe”-Projekte zusammen. Meine Mutter erstellte einen Lehrplan der die Grundlagen von Mathematik, Sprache, Naturwissenschaft, Geografie und Geschichte, Kunst, Musik und Sport deckte. Wann immer möglich gab sie uns praktische Aktivitäten, damit wir durch das Experimentieren lernten, und sie ergänzte diese, insbesondere die Mathematik, mit Text- und Arbeitsbüchern. Sie war standhaft in ihrer Hingabe zu uns, und sie verlangte, dass wir uns jeden Tag Mühe gaben. Doch respektierte sie auch unsere Kreativität und ermunterte uns Ideen und Sachen zu erforschen, die uns interessierten. Wöchentliche Ausflüge zur Bibliothek waren Teil unserer Routine. Meine Schwester und ich wurden unersättliche Leser. Wir verliessen jede Woche die Bibliothek mit wippenden Türmen von Büchern in den Armen.

Meine Eltern lasen meiner Schwester und mir gewöhnlich abends vor. Auf diese Weise wurde ich in Jane Austin und Charles Dickens eingeführt. Während ich zuhörte, als mir diese Bücher laut vorgelesen wurden, entwickelte ich ein Gefühl für die englische Sprache sowie eine Liebe zu Büchern.

Besuche mit anderen Kindern, die zu Hause unterrichtet wurden, und der Kontakt mit der Wohngemeinde erlaubten mir, dass ich mit Leuten aller Altersstufen zusammenkam und nicht nur mit Gleichaltrigen. Und in Gesellschaft meiner Schwester und meiner Eltern war ich nie einsam.

Christopher Paolini als Jugendlicher
Christopher Paolini als Jugendlicher, © paolini.net

Meine High-School-Bildung war mehr selbstbestimmt. Ich schrieb mich in die American School ein, eine anerkannte jahrhundertealte Fernschule in Chicago, Illinois, die herkömmlich von Kinderschauspielern und Übersee-Diplomaten genutzt wurde. Textbücher, Studienführer und Prüfungen kamen per Post. Es lag in meiner Verantwortung, die Aufgaben zu erfüllen. Da ich in einem beschleunigten Tempo arbeitete, erhielt ich ein High-School-Diplom kurz nach meinem fünfzehnten Geburtstag.

Ich war voller Absicht, mich für das College einzuschreiben, war aber noch nicht bereit, das Daheim zu verlassen, also entschloss ich mich vorerst im Schriftstellern zu erproben und eine Geschichte zu schreiben. Auf diese Weise entstand Eragon. Nach etwa einem Jahr hat mich das Reed College in Portland angenommen. Entschlossen, meinen Roman zu Ende zu schreiben und damit zu werben, erhielt ich zwar zwei Verschiebungen, hatte aber letztendlich keine Zeit für den Schulbesuch.

Eragon würde nicht existieren, wäre ich in die öffentliche Schule gegangen. Homeschooling gab mir die Möglichkeit, meine eigenen Interessen zu verfolgen, Zeit zu Träumen und Zeit zu Schreiben. Ich verfügte über Freiheiten, die die meisten heutigen Jugendlichen nicht haben. Ich musste mich nicht durch den Gruppendruck behaupten, um mich gesellschaftlichen Modeerscheinungen anzupassen. Ich konnte mich selbst sein. Ohne hektischen Stundenplan, an denen sich viele Jugendliche halten, hatte ich Zeit zum Nachdenken, zum Tagträumen über Abenteuer und um die Welt von Alagaésia zu kreieren.

Nachdem ich Eragon geschrieben hatte, half mir meine Familie mit dem Editieren, Veröffentlichen und Werben meines Buches, was die Aufmerksamkeit eines breiten Publikums zur Folge hatte. Diese Unterstützung war eine Fortsetzung der Homeschool-Philosophie meiner Eltern, die Interessen des Kindes zu nähren und dadurch zu helfen, zu lernen und zu reifen.

Obwohl ich sehr damit beschäftigt bin, zu tun was ich liebe, ist Lernen immer noch ein wichtiger Teil meines Lebens. Meine Eltern, Schwester und ich lesen breit gefächert und hören uns College-Kursen von The Great Courses an, wo Vorlesungen einer grossen Auswahl von Fächern preisgekrönter Professoren angeboten werden.

Insgesamt denke ich, sind das die wertvollsten Dinge, die ich durch Homeschooling erworben habe: die Liebe zum Lernen, das Vertrauen, dass ich Antworten zu Fragen finde und die Fähigkeit, viele Ansichten zu betrachten, bevor ich meine eigene Schlussfolgerung ziehe. Danke, Mom und Dad.

 

Über den Autor Christopher Paolini

Christopher Paolini ist Autor der internationalen Bestseller Eragon, Der Auftrag des Ältesten, Die Weisheit des Feuers und Das Erbe der Macht. Aufgewachsen in Paradise Valley, Montana in den USA, liess er sich bei der Entstehung seiner Fantasy-Buchreihe von den dortigen Bergen inspirieren. Zusammen mit seiner Schwester genoss er eine Bildung zu Hause, das ihm die Freiheit ermöglichte, sein erstes Buch, Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter, als 15-Jähriger zu schreiben.

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