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Offener Brief an CVP-Grossrätin Marianne Binder

Grossrätin Marianne Binder-Keller, Homeschool News, Jan, Bernice, ZiebaDer Aargau ist ein eher liberaler Kanton, was die Gesetzgebung für elterlichen Privatunterricht betrifft. Eine Grossrätin hat nun eine Interpellation eingereicht und stellt einige kritische Fragen. Willi Villiger wendet sich in einem offenen Brief an Frau Binder.

(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von W.V.)

Sehr geehrte Frau Binder-Keller

Die Nachricht in der AZ, dass eine Homeschool-kritische Interpellation zuhanden des Regierungsrates lanciert werden soll, hat in meiner Familie Bestürzung ausgelöst und für beträchtliche Unruhe unter den privat bildenen Eltern im Kanton gesorgt.

Gerne möchte ich Ihren im Artikel genannten Befürchtungen einige Fakten gegenüber stellen, in der Hoffnung, Ihren Bedenken so zumindest teilweise Rechung tragen zu können.

Lassen Sie mich kurz unseren persönlichen Weg zum Homeschooling erzählen:
Als meine Frau und ich uns im Jahre 2001 entschlossen, die Kinder aus der öffentlichen Schule zu nehmen, geschah dies deshalb, weil die örtliche schulische Situation zweier unserer Kinder sich damals in eine sehr unbefriedigende Richtung entwickelte. Unser Drittältester, damals Drittklässler, wurde von einem Lehrer unterrichtet, dem man andernorts gekündigt hatte und der auch an unserer Dorfschule seine Arbeit nicht gut machte. Nach ca. einem Jahr Zuschauen und Hoffen auf Besserung, begannen wir nach Alternativen Ausschau zu halten. Gleichzeitig sanken die schulischen Leistungen ältesten Tochter (1. Bezirksschulklasse) dramatisch, ua. auch deshalb, weil sie in einer ziemlich wilden Klasse unterrichtet wurde. Ein USA-Aufenthalt und die Bekanntschaft mit der dortigen, wohl-etablierten Homeschoolbewegung hat in uns den Mut reifen lassen, diesen Weg zu beschreiten. Der zweite Sohn, der damals die 4. Klasse besuchte, hatte zwar eine sehr gute Lehrerin, jedoch fühlte er sich benachteiligt, weil er nicht auch zu Hause in die Schule durfte, und so traten wir unseren abenteuerlichen Weg in eine unbekannte Zukunft mit Zittern und Zagen an. Wir blicken heute mit grosser Dankbarkeit zurück, denn Bildung zu Hause ist uns nicht nur zu einem äusserst kostbaren Lebensstil geworden, sondern hat sich auch als erfolgreiche Bildungsalternative erwiesen: Unsere älteste Tochter hat soeben ihr erstes Jahr als Lehrerin hinter sich gebracht, die beiden erwähnten Söhne studieren Mathematik und Medizin, und unsere Viertälteste hat soeben die zweitbeste Eidgenösssische Matura-Prüfung abgelegt.

In der Zwischenzeit habe ich begonnen, mich im «Verein Bildung zu Hause Schweiz» zu engagieren. In diesem Zusammenhang ist auch die Studie entstanden, welche ich Ihnen im Anhang zusende und welche ich Ihnen wärmstens zur Lektüre empfehlen möchte, denn einige Ihrer Bedenken werden darin konkret angesprochen.

Die Homeschoolbewegung in der Schweiz ist äusserst heterogen zusammengesetzt. Während sie zunächst vor allem von verschiedenen freikirchlichen Christen (… sind das Sekten?) getragen worden war, hat es heute viele reformpädagogisch motivierte Eltern (Montessori oder ähnlich) darunter, welche mit Pioniergeist und grosser Gestaltungskraft eigene Lern-Wege mit ihren Kindern beschreiten möchten: Zu Recht spricht Prof. Dr. Johannes Reich von der Universität Zürich von einem «pädagogischen Laboratorium», von dem keinerlei «zentrifugale Kräfte» für unsere Gesellschaft (Parallelgesellschaften) ausgingen, … wenn überhaupt, seien diese eher von Privatschulen zu erwarten. Seine gründliche Untersuchung des Phänomens Homeschooling in der Schweiz ist online zwar nicht verfügbar, kann aber hier bestellt werden:

Gerne würde ich Ihnen noch mehr erzählen über unsere kostbare Bildungsalternative und darüber, dass es sich lohnt, Bürger-Freiheiten zu erhalten und zu schützen, – aber vielleicht wollen Sie sich selbst einmal ein Bild vor Ort machen, wir wohnen ja nicht weit voneinander entfernt: Sie sind jederzeit willkommen für einem Schulbesuch bei uns zu Hause.
Gerne könnte ich auch mit einer Delegation von privat bildenden Eltern nach Baden kommen, um Ihnen unsere Bildungsalternative vorzustellen.

Ich würde mich freuen, wieder von Ihnen zu hören!

Freundliche Grüsse

Willi Villiger